Statement zum Artikel "Camp am Campus" der ruprecht

Published at 13.11.2024

#statements

Vergangene Woche ist in der ruprecht ein Artikel zu unserem Camp erschienen. Das Camp fand statt vom 16. bis 23.10. und verlief komplett friedlich; wir hatten Reden, Vorträge und Interviews organisiert, haben Dabkeh getanzt und gemeinsam gegesen. Unter uns und unseren Rednern waren unter anderem Christ*innen, Jüd*innen und Muslime; Deutsche, Palästinenser*innen sowie auch Israelis. 

Der Artikel beginnt damit, dass wir uns klar und deutlich distanzieren “von jeglichen Massakern an Zivilisten” sowie betonen, dass wir Antisemitismus verurteilen und dagegen konsequent vorgehen. Dass unsere klare und unmissverständliche Aussage anscheinend nicht ernstgenommen wird von den Verfassern des Artikels, lässt sich später erkennen: es werden unkritisch alle Diffamierungsversuche und Vorwürfe wiederholt, die gegen uns unternommen wurden, um uns zu delegitimisieren und unsere Forderungen zum Schweigen zu bringen. 

Die Behauptung, dass Vertreter*innen der HfJS “panische Angst” vor uns hätten, lässt Zweifel übrig, wenn man bedenkt, dass einige von ihnen unser Camp besucht, fotografiert und sich sogar Kuchen und Waffeln von unseren Essensständen genommen haben. Nie haben wir auch nur in irgendeiner Weise Gewalt angedroht. Das unkommentierte Übernehmen des Vorwurfs, ”[d]as Umfeld der Proteste biete […] einen ideolgischen Nährboden für Gewalt” zeugt von einer mangelnden Unvoreingenommenheit vonseiten der Autoren.

Israelis und Jüd:innen, nicht nur antizionistisch organisierte, sondern auch Einzelpersonen, haben unser Camp besucht und mit uns gesprochen. Dass ein Medium, benannt nach einem für Judenvertreibungen bekannten Kurfürsten, unkritisch Informationen übernimmt und die Stimme einer bestimmten Gruppe jüdischer Menschen, nämlich der Vertreter*innen der HfJS, als stellvertretend für alle Jüd*innen in Heidelberg erklärt, offenbart ein oberflächliches Verständnis von Antisemitismus und reproduziert ihn indirekt. Wenn der ruprecht tatsächlich interessiert wäre an den Stimmen jüdischer Menschen, hätten die Reporter in unserem Camp zu genüge die Gelegenheit gehabt, auch mit unseren jüdischen Mitstreiter*innen zu reden und die Vorträge unserer jüdischen Gäste anzuhören. Judentum und Zionismus sind nicht ein und dasselbe. Wir können diese Unterscheidung treffen.

Der Artikel lässt es außerdem wie einen Vorwurf klingen, dass “Redenr:innen […] die Situation in Gaza  mit Auschwitz verglichen [haben]” . Tatsächlich machte der renommierte israelisch-amerikanische jüdische Genozid-Experte und Professor der Brown University Omer Bartov diesen Vergleich, indem er Unterschiede und Parallelen zwischen Gaza und dem Holocaust zog. Er betonte in dem Gespräch, das wir mit ihm über zoom führten, dass es sich in beiden Fällen um einen Genozid handle. Historische Einrahmung und Vergleiche sind möglich und nötig. Das mit einer Relativierung im Sinn der Verharmlosung gleichzusetzen, ist geschichtsblind und anti-rational. Die Geschichtswissenschaftler Ilan Pappe und Norman Finkelstein, dessen Eltern in Konzentration- und Vernichtungslagern waren, haben z.B. die Kontinuitäten zwischen dem Genozid an den Herrero und Nama und den Nazi-Genoziden aufgezeigt.

Wie der Ruprecht vorgegangen ist, verdeutlicht glasklar, was wir mit medialer Propaganda und Vertuschung meinen. Dass wir keine Gelegenheit hatten, auf die Vorwürfe Stellung zu beziehen, ist schwerer journalistischer Pfusch. So ist es natürlich leicht, irgendwelche ungenannten “Beteiligten” am Camp zu finden, die dies oder das getan haben sollen. 

Der Ruprecht hinterfragt nicht, ob eine Einrichtung, die den israelischen Botschafter zu sich einlädt, voreingenommen ist. Er berichtet auch in keinem Wort über den Namen des Camps oder das anhaltende Morden in Gaza. Das ist relevanter journalistischer Kontext. 

Nicht nur hat der ruprecht seine eigene journalisitsche Integrität untergraben, sondern sich eingereiht in eine Liste deutscher Medien, die sich durch ihre voreingenommene, lückenhafte und ignorante Berichterstattung mitschuldig machen der ethnischen Säuberung Palästinas und am Genozid an der palästinensischen Zivilbevölkerung. Wir möchten an dieser Stelle hinweisen, dass bereits fast 45.000 Zivilisten von Israel ermordet wurden, von denen fast 70% Frauen und Kinder sind, wobei von manchen die Zahl bereits auf fast 200.000 geschätzt wird.