Offener Brief
Published at 28.06.2024
Als Studierende der Heidelberger Hochschulen haben wir uns als Reaktion auf den Völkermord an den Palästinenser:innen zusammengefunden, um uns mit der palästinensischen Bevölkerung, den palästinensischen Studierenden und der globalen Studierendenbewegung zu solidarisieren. Wir verfolgen das Ziel, an kritischen Gesprächen zur palästinensischen Sache teilzunehmen, das Bewusstsein über die palästinensische Sache und über Menschen- und Völkerrechtsverletzungen durch Israel und israelische Institutionen zu schärfen, uns mit dem Diskurs über Israel und Palästina in Deutschland auseinanderzusetzen und gegen alle Formen der Diskriminierung und Unterdrückung aktiv zu werden. Wir verurteilen die völkerrechtswidrige israelische Besetzung Palästinas und fordern einen sofortigen, dauerhaften Waffenstillstand sowie eine Beendigung des Schweigens und der Mittäterschaft Deutschlands.
Von allen Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen (einschließlich Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, Pädagogische Hochschule Heidelberg, Deutsches Krebsforschungszentrum, vier Max-Planck-Institute in Heidelberg, und andere Einrichtungen) fordern wir im Einzelnen:
Anerkennung und Verurteilung des Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Regierung sowie der israelischen Besatzung Palästinas und Forderung eines sofortigen, dauerhaften Waffenstillstandes.
Maßnahmen gegen Mittäterschaft am Völkermord
die vollständige und umfassende Offenlegung der Finanzierungspartner aller Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen (einschließlich philanthropischer Unterstützung).
eine Überprüfung dieser Finanzierungspartner im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte und des Völkerrechts und umgehende Einstellung der Kooperation bei festgestellten Menschen- und Völkerrechtsverletzungen.
die unmittelbare Beendigung der Kooperationen zwischen allen Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen und israelischen akademischen Institutionen, die sich am Völkermord und der völkerrechtswidrigen Besetzung Palästinas mitschuldig machen.
Solidarität mit Palästina
umgehende Maßnahmen zur Unterstützung palästinensischer Studierender und Mitarbeitender bei der Aufnahme in Heidelberg und Schaffung geschützter Räume.
die Etablierung und Erweiterung akademischer Kooperationen zwischen Heidelberger und palästinensischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, beispielsweise in Form von Forschungskollaborationen, Studienaustausch, und Stipendienprogrammen.
Freiheit des akademischen Diskurses über Antisemitismus und (antimuslimischen) Rassismus
eine freie und wissenschaftliche Diskussion über Antisemitismus, (antimuslimischen) Rassismus sowie Kolonialismus an der Universität Heidelberg und der Hochschule für Jüdische Studien sowie kontinuierliche interdisziplinäre Seminare zur Palästina-Forschung und zur (historischen) palästinensischen Lebensrealität.
Ablehnung der Instrumentalisierung und des Missbrauchs des Antisemitismus- Begriffs durch die Verwendung der IHRA-Arbeitsdefinition (insbesondere mittels der Gleichsetzung von Antizionismus mit Antisemitismus) sowie der Verbreitung von Desinformationen und Propaganda.
Überprüfung und strukturelle Reformierung der universitären Maßnahmen gegen Diskriminierung an Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen.
Wir stehen klar gegen jegliche Form von Antisemitismus und Rassismus. In Bezug auf den Anstieg von antimuslimischem Rassismus und Antisemitismus ist es von enormer Bedeutung, gegen rechtsextremistische Ideologien vorzugehen und diese zu bekämpfen. Alle Mitglieder von Students for Palestine Heidelberg, unter besonderer Betonung unserer jüdischen und palästinensischen Mitglieder, stehen geschlossen zusammen, um sich gegen die Instrumentalisierung des Kampfs gegen Antisemitismus mit dem Ziel der Zensur und Diffamierung palästinensischer und antizionistisch-jüdischer Stimmen auszusprechen.
Nach der plötzlichen Absage der für den 4. Juni 2024 geplanten Lehrveranstaltung »Palestinian activism and (German) media« im Rahmen des Seminars »#Islam: Religious Dynamics in Online Spaces« erwarten wir noch immer die Ermöglichung einer offenen Diskussion durch die Universität Heidelberg, und zwar in einem neuem Format und in größerem Rahmen als ursprünglich vorgesehen. Geschieht dies möglichst zeitnah vor dem Ende des Semesters, würde dies die Bereitschaft für die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema seitens der Universität zeigen, anstelle von einer Unterdrückung der Freiheit von Forschung und Lehre durch eine Beschränkung der Möglichkeiten der Studierenden, sich in einem gemeinsamen Rahmen mit den betreffenden Themen auseinanderzusetzen, infolge internen und externen Drucks.
Wir laden die Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen hiermit ein, im Rahmen einer Podiumsdiskussion, eines Round Tables o. Ä. mit uns ins Gespräch zu kommen.
Wir sehen der förmlichen Rückmeldung der Heidelberger Bildungs- und Forschungseinrichtungen innerhalb der nächsten Arbeitswoche entgegen. Wir rufen Sie dazu auf, sich zu vergegenwärtigen, dass jede Woche mehr als 300 Palästinenser:innen sterben (laut OCHA-Bericht) und mehr als 1,1 Million Palästinenser:innen von einer Hungersnot betroffen sind (laut IPC-Bericht), die meisten von ihnen Kinder und Frauen.
Students for Palestine Heidelberg
Heidelberg, den 28.06.2024